Erkenne frühzeitig, ob du auf dem richtigen Weg bist – in einem bemerkenswerten Interview teilen Frank van der Velden und Ronald van Zeeland von Fuji Seal ihre Erfahrungen mit einer UX-Sprintwoche bei sixfoot-four.
Lese in diesem Interview, wie diese Methode die HMI ihrer neuen Maschine revolutioniert hat.
Wir haben eine Sprintwoche für euer HMI-UX-Design abgehalten. Erzählt, wie es begann, worüber habt ihr euch Gedanken gemacht, welche Bedenken hattet ihr im Voraus?
Frank: „Wir wollten sicherstellen, dass die Bedienung des HMI unseres neuen Maschinentyps einfach ist, sodass ein Bediener keine Schulung benötigt, um die Maschine zu bedienen.
Natürlich hatten wir einige Ideen, aber uns war bewusst, dass wir Techniker sind. Wir wissen gut, wie man unsere Maschine bedient.
Deshalb beschlossen wir, jemanden hinzuzuziehen, der sich sehr gut mit der Schnittstelle zwischen Maschine und Mensch auskennt. In diesem Bereich sind wir einfach nicht so stark, aber andere schon.“
Ronald: „Wir hatten vor allem Schwierigkeiten damit, dass uns echte Interaktionsdesigner oder Usability-Experten fehlten.
Wir haben zwar viele talentierte Softwareentwickler, die gut programmieren können. Aber wie menschliches Denken genau funktioniert, wie Begreifen funktioniert, und was der Nutzer eigentlich erreichen will: Genau das war unser Hauptproblem. Darauf hatten wir keine Antwort.
Wir haben uns gefragt: Holen wir das Optimum aus so einer Woche heraus? Und wie kann eine externe Partei verstehen, was wir brauchen, was unsere Kunden brauchen?“
Was hat Euch letzten Endes überzeugt um für das HMI-Projekt sixfoot-four ins Boot zu holen?
Ronald: „Vor allem die schnellen Ergebnisse. Und dabei nicht das schnelle vollständige Resultat, sondern vielmehr ein schneller erster Schritt, der sicherstellt, dass man definitiv in die richtige Richtung geht.“
Wie habt Ihr die Sprintwoche erlebt?
Frank: „Ich fand die Methode wirklich klasse, um innerhalb von 5 Tagen etwas Konkretes zu erreichen. Die tägliche Struktur hat uns enorm geholfen. Intern haben wir niemanden, der mit einer Sprintwoche oder einer ähnlichen Methodik solche klaren Schritte machen kann.
Mit dir als Leiter war die Woche effizient. Andernfalls wären wir nach drei Tagen immer noch in Diskussionen über den ersten Tag verwickelt. Themen außerhalb des Rahmens wurden einfach zurückgestellt, du hast weiter nachgebohrt und festgefahrene Diskussionen beendet.
Ronald: „Ich habe mich gut in das Thema eingelesen und darauf vorbereitet, wie so eine Sprintwoche funktioniert.
Am Anfang dachte ich: Ja, das klingt sehr vielversprechend. Aber ich bin gespannt, ob es auch mit unserem Team funktioniert. Wir hatten bisher nie auf diese Weise gearbeitet. Das war nicht wirklich eine Sorge, aber ich war sehr neugierig darauf.
Man kann tatsächlich den Fokus behalten, indem du für jeden Tag und jeden Tagesabschnitt ein Thema festlegst, an dem dann alle arbeiten. So sind wir zu tollen Ergebnissen gelangt.
Was man zum Beispiel bei der Ideenfindung sieht. Die Ideen gingen wirklich stark auseinander. Ich glaube, wenn wir das auf eine andere Art angegangen wären, wären wir nicht so schnell zu einer Lösung gekommen.
Wir haben uns schließlich für eine Idee entschieden und diese am Ende der Woche getestet. Alle waren sich einig: Ja, es funktioniert tatsächlich.
Ich habe den Eindruck, dass es viel einfacher ist, auch andere Ideen zu akzeptieren, wenn man so vorgeht.“
Könnt Ihr etwas über die Ergebnisse der Sprintwoche erzählen? Was hat es euch gebracht?
Frank: „Ich fand die Ergebnisse wirklich spannend. An einem Punkt mussten wir aus den Ideen, die jeder vorgelegt hatte, eine Auswahl treffen. Mich hat überrascht, welche Entscheidungen am Ende getroffen wurden und wie sich alles am letzten Tag entwickelt hat. Das hatte ich nicht erwartet.
Letztendlich haben wir uns für einen recht minimalistischen Bildschirm entschieden. ‚Weniger ist mehr‘ – so simpel ist es geworden. Ursprünglich hatte ich erwartet, dass wir uns für ein eher klassisches Setup entscheiden würden. Im Grunde genommen das HMI, wie wir es bereits kennen, jedoch etwas besser durchdacht, etwas simpler. Das war mein Gedanke am Anfang.
Ronald: „Für mich geht es vor allem um das Konzept. Die Tatsache, dass viele Standardfunktionen, die wir normalerweise in eine HMI einbeziehen würden, für den Bediener einfach weggelassen werden können. Und trotzdem kann der Bediener problemlos mit der Maschine arbeiten. Das ist ein wichtiges Ergebnis, denke ich.“
Frank: „Wir haben bekommen, was wir uns immer erhofft haben: dass wir einen Bediener während seiner Arbeit besser unterstützen können.
Unsere Testperson hat es ohne jedwede Hilfe geschafft und ist problemlos durch unser Testszenario gekommen. Das ist schon stark. Sie hat einfach geschaut, was zu tun war, die Tür geöffnet und ist dann alle Schritte gefolgt.
Wie ging es nach der Sprintwoche weiter?
Frank: „Es waren hektische Zeiten. Dein Bericht über die Sprintwoche hat uns geholfen, die Geschichte intern gut aufzubereiten. Dadurch konnten wir bereits nach zwei Wochen die Entscheidung treffen, wie es weitergehen soll.
In deinem Bericht hast du das HMI mit einem Haus verglichen. Alle Elemente und Farben sind im gesamten ‚Haus‘ komplett durcheinander. Das war die aktuelle Situation.
Wir haben keine Ahnung, welcher Gegenstand für welchen Operator ist. Unser Ziel ist ein aufgeräumtes Haus, in dem alles ordentlich für den Benutzer bereitsteht.
Dieses Beispiel half uns, unser Ziel im Management und bei allen anderen verständlich zu machen.“
Ronald: „Was mir oft auffällt, ist, dass wenn man sich für eine bestimmte Idee entscheidet und sie entwickelt hat, es immer Leute gibt, die weiterhin fragen: ‚Warum hast du das nicht so gemacht? Warum nicht anders?‘
Durch diese neue Herangehensweise können wir allen deutlich machen, wie wir alle Varianten durchgedacht haben, alle Optionen abgewogen haben und und ganz bewusst für diese Lösung entschieden haben.“
Wem würdet Ihr eine Sprintwoche empfehlen?
Ronald: „Ich denke vor allem an Unternehmen, die nach Lösungen für größere Herausforderungen suchen: Wie kann man etwas auf eine neue Art und Weise angehen?
Was könnte z.B. der nächste Schritt bei der Entwicklung einer neuen Maschine sein, mit der man die Nutzerfreundlichkeit erhöht. Oder man will einen neuen Service schaffen.“
Frank: „Machinenbauer, aber auch andere Unternehmen, betrachten vieles oft von einer rein technischen Perspektive.
Ein Techniker oder Ingenieur ist kein Designer. Sie haben zwar oft eine Vorstellung davon, was sie wollen, aber sie sind und bleiben Menschen, die Ideen mit all ihrem technischen Wissen entwickeln und beurteilen.
Wenn man etwas aus der Perspektive des Nutzers oder der Benutzeroberfläche betrachten will, muss man es ganz anders angehen.
Kürzlich war ich auf der Interpack in Deutschland. Wenn man sich dort die HMIs anschaut, sehen sie alle ziemlich ähnlich aus. Unten findet man die Uhrzeit und das Rezept, oben sieht man das Datum und allgemeine Informationen. In der Mitte ist eine große Maschine dargestellt, umgeben von einer Vielzahl von Informationen.
Das spricht Ingenieure an, die finden so etwas schön. Es sieht beeindruckend aus. Aber für einen Operator ist es einfach nur kompliziert.
Das zeigt, dass viele Unternehmen von diesem Prozess profitieren können. Denn auch für sie gilt: Es ist der Operator vor Ort, der es umsetzen muss, nicht ein Ingeniur im Büro.